Mojib Latif ist Leiter des Forschungsbereiches Ozeanzirkulation und Klimadynamik am GEOMAR in Kiel. Ich habe ihn am Vortag der Veröffentlichung der päpstlichen Enzyklika „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ interviewt. Er hatte die Enzyklika vorab schon lesen können und ich lasse mir kurz erklären, was der Papst geschrieben hat.
Wir reden natürlich über das Klima, über Modelle, ganzheitliche Ökologie, über Verantwortung, Anspruch und Wirklichkeit, TTIP, den Weltklimarat, den G7-Gipfel in Elmau, die Kohlesteuer, den Atomausstieg, das Zwei-Grad-Ziel, FCKW, die Ozonschicht, das Ozonloch, die Wende, die Bürger und die Politiker.
Resonator 67 wird ein längeres Gespräch mit Mojib Latif.
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Dauer: 17 Minuten
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39 Das GEOMAR
67 Mojib Latif und das Klima
Diese Folge zitieren: Holger Klein/Helmholtz-Gemeinschaft: Resonator-Podcast: "66 Mojib Latif und der Papst". 31.07.2015, https://resonator-podcast.de/2015/res066-mojib-latif-und-der-papst/ (CC-BY 4.0)
Hallo und vielen Dank!
Im Buch „Limits to Growth“ (1972) wurden einige interessante Lösungsansätze formuliert die zu einem langfristig halbaren hohen Lebensstandard geführt hätten.
Z. B. gegen die Überbevölkerung wurde vorgeschlagen die Geburten an die Tode zu koppeln. Das mag makaber klingen, ist aber sehr effektiv. Jedes Mal wenn in der Famlie/Gemeinde Jemand stirbt, wird gelost wer ein Kind bekommen darf. Jede Frau hat zwei Lose in der Trommel.
Limits to Growth spricht vom ökologischen Fußabdruck und der Tragkapazität der Erde. Da sind dann schöne Modelle drinnen die man aus der Biologie schon lange kennt, z. B. das Overshoot and Colapse.
Man hat ein Gehege mit Hasen in dem Gras wächst. Genug Gras um vier Hasen dauerhaft zu ernähren. Jetzt sind die Hasen aber dumm und weil es ihnen gut geht vermehren sie sich und werden mehr wie vier. Dadurch wird dann die Lebendgrundlage nicht nur momentan verkleinert und die Hasen müssen hungern, nein, aus Not wird die Grundlage auch dauerhaft geschädigt und so die Zahl an Hasen die dauerhaft ernährt werden könnten herabgesetzt.
Man kann das auch schön mit Zinsen erklären. Man hat sagen wie 1 Million auf dem Konto (das ist quasi der Lebensraum). Dann kann man ewig von den Zinsen leben (das ist die Ernte/Ertrag der da wächst). Wenn man jetzt mehr rausholt wie wächst, also Geld abhebt oder bei uns den Lebensraum kaputtmacht durch zu intensive Landwirtschaft oder Überfischung, dann gibt es künftig weniger Ertrag/Zinsen.
Warum wir das nicht einsehen und unser Verhalten ändern liegt daran, dass wenn wir von Zinsen und Abheben (=Zerstörung der Grundlage) leben, dann geht es uns deutlich besser wie wenn wir nur von den Zinsen leben würden. Und auch solange wir das machen merken wir kaum eine Änderung des Lebensstandards. Solange die Million noch nicht alle ist können wir jedes Jahr 100k€ abheben – bis die Grundlage dann plötzlich weg ist. Dann gibt es keinen Ertrag/Zinsen mehr von denen man dauerhaft leben könnte und man fällt von einem hohen Lebensstandard sehr tief.
Mir kommt das gerade ein bisschen vor wie wohl die Menschen auf den Osterinseln die da gerade die letzten Bäume fällen. Und statt drüber zu reden ob man wieder welche nachpflanzt streitet man sich drüber ob man das Holz zum Heizen verbrennt oder ein schönes Haus damit baut.
Da ist noch mehr interessantes drinnen, es wurde auch sehr schön für Laien das Exponentielle Wachstum erklärt – an Hand eines Seerosenteichs.
Man stelle sich vor man hat einen Teich und darin ist eine Seerose. Jeden Tag verdoppelt sich die Wasserfläche die die Seerosen bedecken.
An welchem Tag ist der Teich zur Hälfte mit Seerosen bedeckt?
Es ist der vorletzte Tag. Und auch da erscheint das vielleicht noch nicht bedrohlich. Übertragen auf Öl: Wenn wir in den letzten 100 Jahren die Hälfte verbrannt haben, dann bedeutet das nicht, dass es jetzt nochmal 100 Jahre dauert bis wir die letzte Hälfte verbrennen sondern das geht sehr viel schneller.
Einen bequemen Ausweg kenne ich nicht, es wird immer unbequem und immer muss unser Lebensstandard deutlich sinken. Der Witz dabei ist:
Je früher wir von selber anfangen unseren Standard zu senken, desto weniger schlimm wird es.
Das ist wie mit einem Autofahrer der gerne schnell fährt und auf eine 30er Zone zufährt. Je früher er selber anfängt zu bremsen, desto weniger hart muss er zu Beginn der 30er Zone bremsen.
Unsere 30er Zone ist dann wenn die Rohstoffe knapp und teuer werden.
Grob alle 10 Jahre schauen sich Wissenschaftler die Simulationen von 1972 an und schauen was sich so getan hat seit dem. Hier eine Zusammenfassung von 2014:
http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/sep/02/limits-to-growth-was-right-new-research-shows-were-nearing-collapse
Oh und im Artikel unten auf „continue reading …“ klicken für schicke Graphen.
Sorry für Doppelpost.
Tolle Folge, schade das sie so kurz ist.
Danke. Die kommende Folge ist wie erwähnt ein ausführliches Gespräch mit Herrn Latif.