Nach dem Open-Science-Einschub kommt jetzt – pünktlich zum Abschluss der Hauptmontage der Fusionsanlage – wirklich das versprochene Gespräch mit Thomas Klinger. Nicht nur in Garching, sondern auch in Greifswald gibt es das Institut für Plasmaphysik. Dort steht unser nationales Stellaratorprojekt kurz vor dem Beginn des Testbetriebs. Es soll herausfinden, ob das über viele Jahre berechnete Magnetfeld gut genug ist, um Plasma so dauerhaft einzuschließen, dass wir irgendwann Strom aus der Kernfusion gewinnen können. Ich bin hingefahren, um ausführlich mit dem wissenschaftlichen Leiter, Thomas Klinger, des Projekts zu reden.
Ich lerne, wie lange Planung und Bau gedauert haben und welche die Funktionsprinzipien der Maschine sind, wir reden über Greifswald, Reaktoren und Reaktionen, die Sonne und Sonnentage (auf Usedom und in Freiburg), über Atome, den Tokamak (was ein russisches Akronym ist für: „Toroidale Kammer in Magnetspulen“), Toren (sehen aus wie Treckerreifen), Magnetfelder, Spulen, Strom, Feldlinien, die Herren Faraday und Maxwell, über Spiegelmaschinen, über die Institute in Los Alamos und das Kurtschatow-Institut, über die Universität Princeton, Lyman Spitzer, das Periodensystem, Kernspaltung, Blitze, Energie, Atomkerne, Wasserstoff (schweren und superschweren), selbstverständlich über Helium, denn wir imitieren die Sonne, über die Relativitätstheorie, den Massendefekt, Neutronen, Hitze, über die Äquivalenz von Temperatur und Geschwindigkeit und die Coulomb-Barriere, wir zünden Kerzen an, messen Radioaktivität, betreiben Strahlenschutz, erfahren, warum der Wendelstein Wendelstein heisst, blicken zurück auf den Kalten Krieg, auf Heisenberg und Biermann, befahren Serpentinen, erzeugen Mikrowellen- und sonstige Strahlung. Wir kümmern uns um Stromproduktion (denn da wollen wir langfristig ja hin), die Reederei, Schiffbau, Containerfrachter, Prototypenbau, das KIT, wo auch Materialforschung betrieben wird, übertragen mit Wärmetauschern Energie, erfinden nebenbei hyperschweren Wasserstoff, erweitern das Periodensystem um Isotope (die haben das gleiche chemische Verhalten, aber ein unterschiedliches Gewicht), Protonen und Elektronen sind sowieso dabei, wir erbrüten Tritium und kaufen Lithium, werfen einen Blick in einen CANDU, streifen den ITER und amüsieren uns über Cray-Computer. Ich lerne, dass in Wendelstein 7-X eine Million Montagestunden stecken und dass maN Magnetfelder nach Volumen bezahlt, wir reden über Produzieren auf industriellem Maßstab, Reaktorstudien, Projektplanung, über das Vakuum, Prozesswärme, das MPG für die Konversion von chemischer Energie und heterogene Katalyse.
Download: mp3 (51 MB) m4a (40 MB) opus (26 MB)Veröffentlicht am 19.05.2014
Dauer:
1 Stunde
51 Minuten
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Mehr zum Thema:
20 Das IPP in Garching
21 Fusionforscherin Ursel Fantz
30 Tokamak und Stellarator
Diese Folge zitieren: Holger Klein/Helmholtz-Gemeinschaft: Resonator-Podcast: "32 Der Wendelstein 7-X". 19.05.2014, https://resonator-podcast.de/2014/res032-der-wendelstein-7-x/ (CC-BY 4.0)